Friedensnobelpreis für das Internet?
27.02.2010 um 10:01Mögliche Nominierung wird im Netz kontrovers diskutiert
von Alfred Krüger
Ein US-Magazin hat die Idee geboren: Das Internet sei ein Werkzeug des Friedens und solle dafür mit dem Nobelpreis ausgezeichnet werden. Nicht überall stößt die Idee auf Gegenliebe. Das Internet hat einen solchen Preis nicht verdient, sagen Kritiker.
Dezember 1982: Die Überraschung war perfekt. Das "Time Magazin" hatte einen neuen "Mann des Jahres" proklamiert - keinen Preisträger aus Fleisch und Blut, sondern einen, in dessen "Adern" Bits und Bytes fließen: den Computer. Der Einfluss des Computers auf die Geschichte sei ähnlich bedeutungsvoll wie die Erfindung des Buchdrucks, so die damalige Begründung.
Internet schon nominiert ?
Knapp dreißig Jahre später steht wieder eine technische Errungenschaft für eine wichtige Ehrung zur Diskussion: Das Internet sei für den Friedensnobelpreis nominiert worden, melden internationale Medien. Eine offizielle Bestätigung gibt es nicht - und wird es auch nicht geben. Das Osloer Nobelpreiskomitee bewahrt über die Nominierungen traditionell Stillschweigen.
Umso lauter rührt das US-Technik-Magazin "Wired" die Werbetrommel für die ungewöhnliche Idee. Kein Wunder: Die Nominierung wurde von der italienischen Ausgabe des Magazins ersonnen. Ende November letzten Jahres ging eine Unterstützerseite online. Gut 5.700 Internetnutzer haben die Idee bis dato gut gefunden - darunter der US-Informatiker Nicholas Negroponte, der italienische Modedesigner Georgio Armani und die Iranerin Shirin Ebadi, die 2003 den Nobelpreis erhielt.
"Tastatur gewaltiger als ein Schwert"
"Das Internet ist mehr als nur ein Netzwerk von Computern. Es ist ein unendliches Netz, das aus Menschen besteht", heißt es auf der Kampagnenseite. "Es versetzt die Menschen in die Lage, sich untereinander zu vernetzen. Und wenn sie das tun, erwächst daraus eine anregende Reflektion über unsere Spezies." Das Internet habe damit den Grundstein für eine neue Gesellschaft gelegt. Es ermögliche Kontakt und Diskussion, und das seien immer schon wirksame Mittel gegen Gewalt und Hass gewesen.
"Die Menschen wollen Frieden", fügt Chris Anderson, Chefredakteur der US-Ausgabe von "Wired", hinzu. "Und wenn sie eine Stimme erhalten, werden sie unermüdlich dafür arbeiten. Kurzfristig wird ein Twitter-Account eine Kalaschnikow nicht zum Schweigen bringen, aber auf lange Sicht ist eine Tastatur gewaltiger als ein Schwert."
Das klingt nach übertriebenem Pathos. Doch Anderson weiß ganz genau: Einen Nobelpreis gewinnt man nicht allein mit Fakten - zumal die Vergabekriterien festlegen: Der Friedensnobelpreis soll die Person ehren, die in einem Jahr "am meisten oder am besten für die Verbrüderung der Völker und die Abschaffung oder Verminderung stehender Heere" gearbeitet hat. Da kann ein wenig Pathos sicherlich nicht schaden.
Nur eine Werbekampagne?
Nicht überall stößt die Kampagne auf Gegenliebe. Einmal ganz abgesehen von der durchaus lösbaren Frage, wer denn den Preis im Fall der Fälle stellvertretend für "das Netz" entgegennehmen sollte, vermuten Kritiker hinter dem Vorschlag des "Wired"-Magazins eine geschickt eingefädelte Werbekampagne - nicht für das Internet und den Gedanken der Völkerverständigung, sondern für "Wired" selbst.
Netzaktivisten wundern sich zudem darüber, dass die Nominierung eines Kandidaten für den Friedensnobelpreis von zahlreichen großen Unternehmen - darunter Google, Microsoft und Vodafone - unterstützt und von einer PR-Agentur medienwirksam ausgeschlachtet wird. Das sei ein Novum in der Geschichte des von Alfred Nobel gestifteten Preises und seiner eigentlich nicht würdig.
Nicht preiswürdig
Darüber hinaus habe das Internet einen solchen Preis nicht verdient, heißt es in der kürzlich gegründeten Facebook-Gruppe "No Nobel Peace Prize for the Internet" http://nonobelpeaceprizetotheinternet.blogspot.com/ ("Kein Nobelpreis für das Internet"). Der Beweis, dass das Internet tatsächlich dem Frieden und der Völkerverständigung diene, sei nämlich längst noch nicht erbracht. Die Technik Internet an sich sei zweckneutral. Sie könne der Völkerverständigung ebenso dienen wie jenen Zeitgenossen, die im Netz Intoleranz, Gewalt und Hass verbreiten.
Quelle:http://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/24/0,3672,8042872,00.html
von Alfred Krüger
Ein US-Magazin hat die Idee geboren: Das Internet sei ein Werkzeug des Friedens und solle dafür mit dem Nobelpreis ausgezeichnet werden. Nicht überall stößt die Idee auf Gegenliebe. Das Internet hat einen solchen Preis nicht verdient, sagen Kritiker.
Dezember 1982: Die Überraschung war perfekt. Das "Time Magazin" hatte einen neuen "Mann des Jahres" proklamiert - keinen Preisträger aus Fleisch und Blut, sondern einen, in dessen "Adern" Bits und Bytes fließen: den Computer. Der Einfluss des Computers auf die Geschichte sei ähnlich bedeutungsvoll wie die Erfindung des Buchdrucks, so die damalige Begründung.
Internet schon nominiert ?
Knapp dreißig Jahre später steht wieder eine technische Errungenschaft für eine wichtige Ehrung zur Diskussion: Das Internet sei für den Friedensnobelpreis nominiert worden, melden internationale Medien. Eine offizielle Bestätigung gibt es nicht - und wird es auch nicht geben. Das Osloer Nobelpreiskomitee bewahrt über die Nominierungen traditionell Stillschweigen.
Umso lauter rührt das US-Technik-Magazin "Wired" die Werbetrommel für die ungewöhnliche Idee. Kein Wunder: Die Nominierung wurde von der italienischen Ausgabe des Magazins ersonnen. Ende November letzten Jahres ging eine Unterstützerseite online. Gut 5.700 Internetnutzer haben die Idee bis dato gut gefunden - darunter der US-Informatiker Nicholas Negroponte, der italienische Modedesigner Georgio Armani und die Iranerin Shirin Ebadi, die 2003 den Nobelpreis erhielt.
"Tastatur gewaltiger als ein Schwert"
"Das Internet ist mehr als nur ein Netzwerk von Computern. Es ist ein unendliches Netz, das aus Menschen besteht", heißt es auf der Kampagnenseite. "Es versetzt die Menschen in die Lage, sich untereinander zu vernetzen. Und wenn sie das tun, erwächst daraus eine anregende Reflektion über unsere Spezies." Das Internet habe damit den Grundstein für eine neue Gesellschaft gelegt. Es ermögliche Kontakt und Diskussion, und das seien immer schon wirksame Mittel gegen Gewalt und Hass gewesen.
"Die Menschen wollen Frieden", fügt Chris Anderson, Chefredakteur der US-Ausgabe von "Wired", hinzu. "Und wenn sie eine Stimme erhalten, werden sie unermüdlich dafür arbeiten. Kurzfristig wird ein Twitter-Account eine Kalaschnikow nicht zum Schweigen bringen, aber auf lange Sicht ist eine Tastatur gewaltiger als ein Schwert."
Das klingt nach übertriebenem Pathos. Doch Anderson weiß ganz genau: Einen Nobelpreis gewinnt man nicht allein mit Fakten - zumal die Vergabekriterien festlegen: Der Friedensnobelpreis soll die Person ehren, die in einem Jahr "am meisten oder am besten für die Verbrüderung der Völker und die Abschaffung oder Verminderung stehender Heere" gearbeitet hat. Da kann ein wenig Pathos sicherlich nicht schaden.
Nur eine Werbekampagne?
Nicht überall stößt die Kampagne auf Gegenliebe. Einmal ganz abgesehen von der durchaus lösbaren Frage, wer denn den Preis im Fall der Fälle stellvertretend für "das Netz" entgegennehmen sollte, vermuten Kritiker hinter dem Vorschlag des "Wired"-Magazins eine geschickt eingefädelte Werbekampagne - nicht für das Internet und den Gedanken der Völkerverständigung, sondern für "Wired" selbst.
Netzaktivisten wundern sich zudem darüber, dass die Nominierung eines Kandidaten für den Friedensnobelpreis von zahlreichen großen Unternehmen - darunter Google, Microsoft und Vodafone - unterstützt und von einer PR-Agentur medienwirksam ausgeschlachtet wird. Das sei ein Novum in der Geschichte des von Alfred Nobel gestifteten Preises und seiner eigentlich nicht würdig.
Nicht preiswürdig
Darüber hinaus habe das Internet einen solchen Preis nicht verdient, heißt es in der kürzlich gegründeten Facebook-Gruppe "No Nobel Peace Prize for the Internet" http://nonobelpeaceprizetotheinternet.blogspot.com/ ("Kein Nobelpreis für das Internet"). Der Beweis, dass das Internet tatsächlich dem Frieden und der Völkerverständigung diene, sei nämlich längst noch nicht erbracht. Die Technik Internet an sich sei zweckneutral. Sie könne der Völkerverständigung ebenso dienen wie jenen Zeitgenossen, die im Netz Intoleranz, Gewalt und Hass verbreiten.
Quelle: