verwesung
23.09.2004 um 10:34Man findet es in fast allen Religionen wieder.
Hat man nur den tieferen Sinn dahinter vergessen?
Fasten
Deine Augen mögen gereinigt werden.
Dein Blick sei nicht mehr
vom Schein des Alltags geblendet.
Dein Sehen halte nur fest
was lauter ist – ohne Falsch,
klar wie Wasser eines Bergbachs,
unverschmutzt wie Tagesanfang,
ursprünglich wie Kinderlachen.
Dein Hören sei unverführbar
von der Stimme des Bösen.
Dein Ohr möge entlarven,
was sich einschmeicheln will.
Es sei geschärft
für die leisen Stimmen des Daseins,
für den schweigenden Ruf um Erbarmen,
für das lautlose Lied der Sterne.
Deine Hand möge sein
eine Hand, die nicht zerstört
und die nicht gierig nimmt.
Deine Hand sei
wissend wie die Hand eines Blinden,
zärtlich wie die Hand eines Liebenden,
heilend wie die Hand eines Mitleidenden,
ehrfürchtig wie die Hand eines Betenden.
Keinen Geschmack mögest Du finden
an dem, was giftig ist.
Du mögest immer ein Salz kosten,
damit Süßliches Dich nicht verführt
und Verderbliches Dir nicht schadet.
Die Weisheit des Salzes
mögest Du schmecken
und die Unterscheidung gelernt haben.
Der Geruch der Verwesung sei fern von Dir.
Tief einatmen mögest Du
den wahren Geruch des Lebens.
Er ist wie der Geruch eines Ackers
nach dem Frühlingsregen.
Er ist wie der Geruch des Meeres
früh am Morgen.
Dann wirst Du geworden sein
wie einer, der vierzig Tage
in einer Wüste war.
Dann wird man Dich nennen:
einen Menschen, der aus der Wüste
gekommen ist
Mit wachen Sinnen.
Joop Roeland