Link: www.clausschekonstanten.de (extern) (Archiv-Version vom 13.12.2007)Also mein Favorit ist der Ausbruch der Yellow Stone Caldera. Das wäre zwar nicht das Ende der Welt, aber höchstwahrscheinlich das Ende der Menschheit.
Die Geschichte: Zeit der Kannibalen von Erik Hart zeigt eine nette Möglichkeit für das Sterben und Enden der Menschheit nach dem Ausbruch eines Supervulkans.
Zeit der Kannibalen
Eisig fegte der Sturm über die Felder, die unseren westfälischen Bauernhof umgaben. Es war kurz nach Mittag, doch der Himmel war eine milchiggraue Decke, unter der nur fahles Dämmerlicht herrschte. Meine Familie und ein paar Nachbarn hatten sich in dem Hof verschanzt, denn seit gut drei Wochen wurden wir von Banden belagert, die an unsere Vorräte wollten. Wir waren alle froh, daß der Hof von einer massiven Steinmauer umgeben war, so daß wir ihn leichter verteidigen konnten. Die Familie saß beim Essen, bis auf meinen älteren Bruder und zwei Nachbarn, die draußen Wache halten mußten. Karg war das Essen, etwas Getreide wurde zu einer dünnen Suppe gekocht und mit ganz wenig Schinken verfeinert. Trotz aller Kargheit war dieses Essen ein Luxus, denn mittlerweile hatte das zweite Jahr des Winters begonnen. Seit dem Beginn des Winters gab es keine Ernten mehr und das Vieh ging langsam zugrunde, als das Futter knapp wurde. Es war jetzt Mitte Mai, eine Zeit, in der normalerweise die Sonne hervorkam und die Erde den ersten Hauch von Sommer erlebte. Doch dies war zum letzten Mal vor zwei Jahren, bevor der Winter begann. Jetzt saßen wir versammelt im Schein der Lampen und aßen, als auf einmal draußen Schüsse peitschten. Sofort rannte ich los und griff nach meinem Gewehr, genauso wie die anderen. Wir rannten raus, wo uns die Wachen schon die Richtung sagten, aus welcher der Angriff kam. Sofort zogen wir uns an der Mauer hoch und legten unsere Waffen auf die Brüstung. In der Ferne war ein Jeep zu erkennen, der auf den Hof zufuhr, und aus dessen Fenstern Mündungsfeuer blitzten. Den Hauptweg zum Hof hatten wir blockiert, jetzt kamen sie über die verschneiten Weiden am Rande. Ich legte an und zielte, was nicht ganz einfach war. Die Scheiben waren bereits zerschossen, und so hoffte ich, einige der Angreifer zu erwischen. Ob ich traf, kann ich nicht sagen, jedenfalls merkte ich, daß sie gar nicht auf uns schossen, sondern weit über unsere Köpfe hinweg. Dann drehte der Jeep ab und raste zurück. Erleichtert sahen wir uns an, da wir sie wieder abgewehrt hatten. "Warum haben sie denn über uns hinweggeschossen?" fragte ich Erwin, meinen älteren Bruder. Der zog zunächst nur ahnungslos die Schultern hoch. Doch dann durchfuhr es ihn wie ein Blitz: "Die Windgeneratoren! Schaut nach, ob die Windgeneratoren noch in Ordnung sind!"
Wir hatten zwei dieser Windmühlen auf dem Gelände des Hofes stehen. Ursprünglich wurden sie auf mein Drängen hin angeschafft, da ich einen leichten Ökofimmel hatte. Lange versuchte ich meinen Vater zu überzeugen, daß die Dinger nicht nur gut für die Umwelt sind, sondern dank Subventionen sogar Geld bringen. Nun, Umweltschutz und Geld durch Stromeinspeisung waren mittlerweile nicht mehr das, was zählte. Vielmehr waren die Maschinen zu Lebensspendern geworden; dank ihnen hatten wir immer noch Strom. Die öffentliche Elektrizitätsversorgung war schon wenige Wochen nach dem Beginn der großen Katastrophe weitgehend zusammengebrochen; die meisten Menschen mußten mit Kerzen vorlieb nehmen oder zündeten einfach irgendwas an, was brannte. Motorgeneratoren wurden zu begehrten Luxusgütern, doch irgendwann gab es kaum noch Treibstoff für sie. Und Solaranlagen waren gänzlich nutzlos, denn die Sonne hatte seit Beginn des Winters niemand mehr gesehen. Schnell rannten wir über den Hof und sahen nach den Generatoren. Das eine Windrad drehte sich immer noch rasend, vom Sturm in Gang gehalten. Das andere aber stand still, die Blätter des Propellers wurden nur vom Wind hin- und hergeschüttelt. "Verdammte Schweine!" schrie Erwin. Schnell überlegten wir, ob wir versuchen sollten, den Apparat zu reparieren. Doch der Generator saß oben auf einem 21 Meter hohen Mast und ein Mensch, der dort hinaufstieg, war ein leichtes Ziel für Angreifer. Mit Reparaturversuchen mußten wir also warten, bis es dunkel wurde. Zwar lieferte der andere Generator immer noch genug Strom, aber niemand wußte, wie lange er noch funktionieren würde. Wir gingen zurück in das Wohngebäude und erzählten, was Sache war. "Offenbar wollen sie uns das Leben hier unmöglich machen", entgegnete meine Mutter. Und in der Tat hatten sie wohl eingesehen, daß sie den Hof nicht erobern konnten, so daß sie nun versuchten, unsere lebenswichtigen Dinge zu zerstören. Das Baby meiner Schwester fing auf einmal an zu plärren und hörte nicht mehr auf. Sie hatte den kleinen Sohn vor zwei Wochen entbunden. Vor zwei Jahren hatte sie geheiratet, in der Hoffnung, eine glückliche Familie zu gründen. Jedoch wurde sie erst vor einem Dreivierteljahr schwanger, als alle Menschen in der Dunkelheit kauerten. Es war eines jener Kinder der Finsternis und der Kälte, neues Leben, geboren in eine sterbende Welt.
Kapitel 2: Der Anfang vom Ende
Als es begann, nahm es kaum jemand ernst. Eine kleine Zeitungsmeldung erschien im März des Vorjahres, daß der Yellowstone-Nationalpark in den USA für Touristen geschlossen wurde, weil man nach einigen Erdbeben und Bodendeformationen den Ausbruch vulkanischer Aktivität fürchtete. Am 2.April schließlich gingen im Laufe des Vormittags Gerüchte um, in den USA sei ein Vulkan explodiert und habe riesige Verwüstungen angerichtet. Ich mußte bis zum Abend warten, bis ich selbst Nachrichten sehen konnte. Am Nachmittag hörte man ein unheimliches Donnergrollen in der Luft, oder besser, man fühlte es, denn der Klang war so tief. Dabei war weit und breit kein Gewitter, nicht einmal eine dickere Wolke zu sehen. In den Abendnachrichten wurde gemeldet, daß es zu einem verheerenden Ausbruch im Yellowstone-Nationalpark gekommen sei. "Der Kontakt zu Städten in der Umgebung, darunter Denver, Salt Lake City und Omaha, ist abgebrochen.", meldete die Nachrichtensprecherin. Es gab sogar Bilder aus einem Space-Shuttle, die den Ausbruch aus dem Weltraum zeigten. Sie erinnerten an eine riesige Trockeneis-Nebelmaschine, nur, daß es Riesenmengen schmutziger Asche waren, die ausgestoßen wurden und in einem dicken Schleier über die Erde krochen. Viele Leute waren interessiert und schockiert, aber sie dachten, dies sei eine Katastrophe, die nur die USA beträfe. Am nächsten Tag brach auch der Kontakt zu anderen Städten der USA und Kanadas ab; die wenigen Nachrichten, die noch durchkamen, meldeten gewaltigen Aschefall und schwefelverseuchte Luft. Der Nationalpark sei völlig vernichtet worden; möglicherweise sei mit mehreren Millionen Toten zu rechnen. Am Abend des dritten Tages, einem Samstag, wurde darauf hingewiesen, daß in der kommenden Nacht die Aschewolken Europa erreichen würden; der Luftverkehr werde am Abend eingestellt. Autofahrer wurden vor rutschigen Straßen durch Asche gewarnt.
Fortsetzung Link
1984