@bit Bisher hatten wir ja ne leidlich gute Unterhaltung, aber jetzt wirds leider surreal:
bit schrieb:Also von Europa sehe ich nur die iberische Halbinsel und die französische Atlantikküste. Von Afrika ist auch nur der westliche Teil erhalten. Und wenn die Erdteile eher zufällig so aussehen wie bei unseren heutigen Mercator Karten, dann bedeutet das noch lange nicht das der Rest der Welt genau so ist.
Wenn Du Dir Spanien und Westafrika ansiehst, sind die, soweit wir das von unseren Weltkarten heute wissen, ziemlich gut getroffen. Einem normalen Menschen sollte es eigentlich nicht schwer fallen, sich den Rest der uns bekannten Weltdarstellung hinzuzudenken, um zu wissen, wo ungefähr das südliche Afrika mit dem Kap der Guten Offnung liegt und endet. Das kann doch nicht so schwer sein!
bit schrieb:Wenn Piri Reis nach seiner Karte von Gibraltar nach Kuba gesegelt wäre, dann wäre er eher in New York wie in der Karibik angekommen.
Die Karibik ist spanische Domäne, und bei der Konkurrenz hatten die Portugiesen hier keine guten Karten zur Verfügung. Kein Wunder also, daß die Karte des Piri hier so schlecht ist, wo er auf portugiesisches Material zurückgegriffen hat. Aber wenn Reis von Cadiz an die Nordostecke des späteren Rio Grande do Norte gesegelt wäre - er wäre sauber angekommen. Denn:
bit schrieb:Ohne Längen- und Breitenangaben ist eine Karte für einen Seemann fast wertlos.
Das ist mit Verlaub ganz großer Quatsch! Die Seefahrer sind lange Zeit mit jenen Linien übers Meer gefahren, die Du auf der Karte des Piri Reis eingezeichnet findest. Ich habs bereits erklärt. Wenn Du das ignorierst, Deine Sache.
perttivalkonen schrieb:
Und wenn Du Dir dies zur Piri-Reis-Karte hinzudenkst, dann läge das, was Du als die Landspitze von Rio Grande do Norte vorgeschlagen hattest (das waste land), etwa auf dem Breitengrad des Kaps der guten Hoffnung und auf dem Längengrad der Elfenbeinküste.
Nö, da irrst du dich gewaltig, weil die Längen- und Breitengrade bei Piri nicht und schon gar nicht nach Mercator gezeichnet sind. Siehe die Waldseemüllerkarte. Die ist ein paar Jährchen vorher entstanden und hat keine einzige waagerechte oder senkrechte Gradeinteilung.
Wovon redest Du??? Auf unserer Erde - also dem richtigen Dingens, verstehst Du? - ist der Abstand zwischen dem Breitengrad der nordspanischen Küste und dem der Südküste Westafrikas ziemlich genauso groß wie der Abstand von hier bis zum Breitengrad vom Kap der Guten Hoffnung. Comprende? Jenes Festland von der Pirireiskarte, das auf Deinem letzten Bildchen zu sehen ist, das "waste land" also, das liegt südlicher! Läge, wenn es das so gäbe - auf der richtigen Erdkugel.
Und nochmals: die Waldseemüllerkarte ist nach einem eigenen Prinzip gestaltet, völlig anders als die Karte des Piri Reis. Wären hier die Längen- und Breitengrade eingezeichnet, sie wären als parallele Linien, im rechten Winkel zur je anderen Linienkategorie, eingezeichnet worden. Die Piri-Reis-Karte steht in der Tradition der Portolankarten. Sonst würden die Rumbenlinien - nautisches Hilfsmittel, das sie nun mal sind! - keinen Sinn ergeben.
bit schrieb:Man kann aber trotzdem erkennen, daß das Waste Land etwa 20° westlicher als Afrika liegt.
Entschuldige mal!
Das liegt aber sowas von unterhalb Westafrikas - nix westlich davon!
bit schrieb:Es wurde auch genau eingetragen wie weit südlich Amerigo Vespucci gekommen ist. Die La-Plata-Mündung liegt auf dem selben Breitengrad wie das Kap der guten Hoffnung. Und das Kap ist eindeutig südlicher wie die Wende von Vespucci.
Da haste den Wiki-Artikel nicht aufmerksam genug gelesen. Während der eine die Mündung des Rio de la Plata so eindeutig erkennen will, meint der andere, daß jenseits von Südbrasilien die blanke Phantasie zugeschlagen habe und nichts real zu erkennen sei.
Und nebenbei: da wie gesagt von Nordspanien bis Süd-Westafrika die gleiche Strecke liegt wie vom Südrand Westafrikas bis zum Breitengrad des Kaps der guten Hoffnung, heißt das übertragen auf die Karte des Piri: die Spitze der kleinen Halbinsel vor dem Bug des am weitesten unten dargestellten Schiffes, diese Spitze liegt auf der Höhe des Kaps von Südafrika.
bit schrieb:Da haben wir doch das Problem. Reis hat die Gradeinteilung weggelassen und dafür seine Windrosen eingezeichnet. Und du kommst jetzt mit waagerechten und senkrechten Breiten bzw Längengraden. Kein Wunder das dann nichts mehr stimmt.
Für Deine Verständnisschwierigkeiten kann ich nichts.
bit schrieb:Von Westafrika bis Brasilien sind es knapp 20° nach Westen.
Naja, knapp 15. Dort sieht man denn auch tatsächlich auf der Piri-Reis-Karte eine Landspitze von Südamerika. Sieht "anatomisch" sogar aus wie jene Landspitze der Region von Rio Grande do Norte. Du aber meintest, daß das "waste Land" eben diese Nordostecke Brasiliens sei. Und dieses Stück Festland liegt nun mal südlich des Breitengrades vom südafrikanischen Kap und in etwa auf dem Längengrad der Elfenbeinküste. (Und nein, auf der Pirireiskarte gibts keine Längen- und Breitengrade.)
bit schrieb:Das die Nordküste von Südamerika doppelt so breit ist wie der Atlantik halte ich für ganz normal. Da ist nichts überdimensioniert.
Entschuldige mal!
Da halte ich nichts für normal proportioniert, das wäre grotesk riesenhaft dargestellt!
bit schrieb:Anscheinend hat Piri das "ganz normale Kuba" nicht gefunden und das um 90° verdrehte übernommen.
Du meinst, er kannte die Waldseemüllerkarte oder ne davon abgemalte? Hmmm, denkbar. In der Tat erinnert jenes "Florida" an Waldseemüllers Halbinsel bei Kuba. Daß er - oder der Kartenzeichner jener Kopie, die Reis kannte - die Waldseemüllerkarte nicht richtig lesen konnte, wäre freilich ein ordentlicher faux pas. Aber dennoch: das halte ich für gut möglich.
bit schrieb:Und von wem hat Cantino das Wissen? Weder Kolumbus noch Vespucci haben Yukatan oder Florida entdeckt. Die beiden Halbinseln sind erst Jahre später entdeckt worden.
Ist mir in dieser unserer Diskussion grad ziemlich schnuppe. Hier gehts um die Küste Südamerikas.
bit schrieb:Ich vermute die abgebildete Halbinsel mit ihren markanten Merkmalen ist eher in Asien zu finden. Deutlich ist das Wort "PARIAS" auf dem nordamerikanischen Kontinent zu lesen. Parias sind die Unberührbaren im indischen Kastensystem. Schließlich wähnte Kolumbus sich ja irgendwo vor Indien.
Das stammt aus dem Soderini-Brief, real oder vermeintlich von Vespucci. Demnach seien sie auf ein Land gestoßen, das nach Aussage der dortigen Einwohner "Parias" hieße. Echt oder Pseudepigraph: der Brief handelt von Vespuccis Amerikafahrten, nicht von Asien, gar Indien.
Nicht reimen, recherchieren!
bit schrieb:Und was ist wenn bei Piri nicht nur der östliche Teil der Karte fehlt, sondern unter dem Waste Land noch ein weiterer Kartenausschnitt fehlt? Auf dem wäre dann die ganze östliche Küste von Brasilien zu sehen.
Da würde
ein weiteres Blatt nicht reichen. Dafür aber wären wir mit Feuerland schon über den 90. südlichen Breitengrad deutlich hinaus gekommen. Zur Verdeutlichung: Die Landspitze von Rio Grande do Norte liegt noch nicht mal auf dem zehnten südlichen Breitengrad. Das Wasteland hingegen deutlich südlich des 30. Breitengrades.
bit schrieb:Fakt bleibt das die Portugiesen die Tordesillas-Linie ignoriert haben und sich weit ins spanische Gebiet angesiedelt haben.
Wäre nicht der erste Vertragsbruch der Weltgeschichte. So what!
bit schrieb:Auf alten Seekarten findet man viele Phantasiemonster. Aber große Schlangen und sehr heiß ist in Äquatornähe nun mal Realität. Und für die Leute die kein arabisch lesen können hat Piri extra noch eine Schlange gezeichnet.
Harry Potter lebt bei ner Muggelfamilie. Muggel, also nichtmagische Menschen, gibts ja wirklich. Beweist das jetzt, daß Harrys Cousin Dudley Dursley wirklich existiert?
Schon bei den alten Griechen inclusive Kenntnis der Kugelgestalt der Erde gabs die Vorstellung, daß es auf der südlichen Halbkugel nicht bei Entfernung vom Äquator kühler würde, sondern heißer. Von den Griechen stammt ja auch die Vorstellung vom "unbekannten Südland", welche als Vorstellung bis in die Neuzeit tradiert wurde, oft von frühneuzeitlichen Kartographen in lateinischer Übersetzung als "terra australis incognita" eingezeichnet wurde. Da sehe ich kein Problemn, auch diese griechische Vorstellung bei phantasievollen Landbeschreibungen wiederzuentdecken.
Pertti