Ich habs schon oft gelinkt, aber tue es auch nochmal.
http://www.ifkw.uni-muenchen.de/lehrbereiche/meyen/symp_puerer/weischenberg.pdfJournalismus in Deutschland. Eine Bestandsaufnahme
Siegfried Weischenberg
Die Zukunft des Journalismus und der Journalistenausbildung
Vortrag für das Symposium zu Ehren von Heinz Pürer
am Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung
der Universität München, 19.10.2007.
Auszüge:
Der Grundwiderspruch zwischen gesellschaftlichem Auftrag der Medien und ihrer Wirtschaftlichkeit
wird durch das Ethos der Verantwortlichen immer wieder aufgelöst, lautete die
frohe Botschaft. Doch im Zeitalter der Globalisierung ist es mit dieser Idylle vorbei. Die
„Weltgesellschaft“ unterwirft auch den Journalismus den Regeln ökonomischer Effizienz. In
dieser Logik wird, wie man lesen konnte, die Lokalberichterstattung für eine Nachrichtenwebsite
in Pasadena, einem Vorort von Los Angeles, neuerdings von zwei Indern betrieben,
die weiterhin in ihrer Heimatstadt Bombay hocken. Ebenfalls aus Indien, dem Reuters-Büro
in Bangalore, berichten mehr als 100 Korrespondenten über den US-Finanzmarkt: Billigjournalismus
für Informationen über teure Geschäfte in der Wallstreet – ein Sieg der Wirtschaftlichkeit
über den Anspruch.
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Medienkritik ist in der Regel eher Sache des Feuilletons oder findet auf den Medienseiten
statt; das ist (Selbst-) Kritik an den Medien und ihren Journalisten und deren Leistungen. Im
Wirtschaftsteil findet man neuerdings permanent Hinweise auf die Strukturen, welche diese
Leistungen steuern, wobei die Nachrichten für die Zukunft wenig Gutes versprechen.
Da geht es meistens um Übernahmeambitionen von Haien der Branche oder inzwischen vor
allem von Finanzinvestoren, die sich gute und gesunde Zeitungsmarken unter den Nagel reißen
wollen, um sie noch ein bisschen profitabler zu machen: Die „Heuschrecken“, von denen
seit einiger Zeit die Rede ist, haben die Medienlandschaft erreicht. In den USA hängen längst
viele Unternehmen an einer langen Kette, die in die Wallstreet führt. Alte Verlegerfamilien werden von Spekulanten gelockt oder machen Platz für einen wie Rupert Murdoch, in dessen
Medienreich die Sonne niemals untergeht. Seit der umstrittene David Montgomery mit seinen
Spießgesellen die „Berliner Zeitung“ übernahm, ist das Problem auch in Deutschland bekannt.
Im Kern geht es dabei darum, ob das alte, auf Produktwerbung basierende Geschäftsmodell
der traditionellen Medien noch funktioniert – oder ob man nicht eher nach dem Muster
der „Los Angeles Times“ mit verringerten qualitativen Ambitionen und einem personellen
Schrumpfkurs Kasse machen kann.
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Die Gefahr des „Billigjournalismus“ existiert in der Bundesrepublik im Bereich der Regionalzeitungen
schon seit Jahren. Vorläufiger Höhepunkt war hier der Rausschmiss der gesamten
Lokalredaktion der „Münsterschen Zeitung“, um Kosten zu sparen. Medienbetriebe demontieren
ihre Redaktionen und umschmeicheln billige Amateure als „Leserreporter“, die ihnen die
Seiten und Programme füllen. Sie richten zentrale Nachrichtenredaktionen für mehrere Blätter
und Sendungen ein, springen in die digitale Welt und reduzieren gleichzeitig ihren Aufwand
für journalistische Qualität. Bemerkenswert auch, mit welch ethischer Nonchalance sogenannte
Qualitätszeitungen neuerdings ihre Nebengeschäfte mit CDs und DVDs im redaktionellen
Teil bewerben. So wird zum Teil eher mittelmäßige Ware kulturjournalistisch geadelt.
Folgen all dieser Entwicklungen werden durch die Beliebigkeit von Medienangeboten sichtbar
und durch die Tendenz, Inhalte von Relevanzen abzukoppeln. Themen werden ohne Sorgfalt
behandelt, angetippt und fallengelassen oder maßlos überschätzt; der Nachrichtenwert
von Personen wird durch Wiederholung und ein Medien-Pingpong selbst erzeugt.
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Lesenswert.
Mein Fazit: Zu wenige entscheiden zu subjektiv über das was wir erfahren und in welcher Form wir es erfahren sollen.
LG