Der Stamm der Likatier
31.03.2008 um 23:42
... oha - hab hier einen artikel aus der SZ dazu - leider ohne link - hab mir das mal irgendwo rauskopiert und in meinen "sektenordner" gepackt da ich vorerst zusammenhänge zum "weissen lotus", auch so ne sektenähnliche gemeinde in oberösterreich bei der ich mal durch zufall als referent gelandet bin, vermutet habe (was sich dann aber als irrtum herausstellte) ...
>>Die Frau in dem Füssener Souvenirladen weiß gar nicht, womit sie anfangen soll. "Die haben schon die halbe Altstadt gekauft. Langsam kriegt man Angst, dass die es mit ihrem Staat ernst meinen." Sie zeigt auf ein Haus am Magnusplatz, auf weitere Gebäude hinter dem E-Werk. Das Reformhaus, die "Bayerische Gesellschaft für ganzheitliches Heilen", die "Lohnsteuerhilfe e.V.", der Computerladen, das Immobilienbüro, der Esoterik-Laden - alles sei in der Hand von Sekten-Mitgliedern.
Der Duft von Räucherstäbchen erfüllt den Raum. Ein junger, blasser Mann erklärt im Esoterik-Laden "Quaballah" einer Kundin die Kräfte verschiedener Steine. Die Dame ist begeistert: "Ja, der liegt wirklich viel wärmer in der Hand." Bücher über Tantra, über Runen und Traumdeutung liegen herum. "Gibt es hier auch etwas über ,Likatien'?",
wollen wir wissen. "Likatien?", fragt der Mann mit dem langen Haar. "Ja, Sie kennen doch die Sekte um Wolfgang Wankmiller. Zu der gehört doch auch ihr Laden, nicht?" - "Ich habe den Namen Wankmiller noch nie gehört", sagt der Mann. Beim Ordnungsamt erfährt man: Den Laden führt ein Mitglied aus dem engsten Kreis der Wankmiller-Sekte.
In den 27 Jahren seines Bestehens hat es der Geheimbund "Stamm von Likatien" zu einer gewaltigen wirtschaftlichen Macht in der Stadt am Lech gebracht. Unter den Mitgliedern der 130-köpfigen Gemeinde um den ehemaligen Hausmeister finden sich neben Ärzten, Anwälten und Volkswirten auch Söhne von Politikern, Unternehmern und Polizisten. Rund
70 Kinder gehören zum Stamm "Likatien" - einst nannten sich so die Bewohner eines vindelizischen Stammes, der im Altertum im Allgäu siedelte. Im Internet offenbaren die Neo-Siedler ihr Gesicht: Sie möchten "eine wirtschaftliche, kulturelle, politische und letztlich staatliche Autarkie" erreichen. Eigene Ministerien, eine eigene Währung
und eine eigene Zeitrechnung haben sie schon. Der schwergewichtige Wankmiller, ehemals Ehrenmitglied der Jungen Union, steht der Sekte als "Wolfgang Rudolf von Markworth-Walter zu Füssen" vor. Zusammen mit 26 weiteren Personen bildet er den schweigenden Kern. Das Vermögen für die Immobilien-Käufe erwirtschaftet die Gruppe vor allem im Esoterik-Bereich. Egal, ob man im Internet die Zeitschrift Ganzheitlich Heilen
abonnieren möchte, sich für die "Esoterik-Tage" interessiert, die von der Firma "proexpo" des Likatien-Vize Otto Piepenburg organisiert werden, oder Student bei der Heilpraktikerschule "Likamundi" werden möchte, immer landet man in der Füssener Drehergasse 12, dem Hauptsitz des Imperiums um den Mann, in dem die Boulevard-Presse einen "Sex-Guru" sieht.
Seit einem Jahr kümmert sich der Neugablonzer EDV-Spezialist Robert Michael Schlittenbauer um Sektenaussteiger. Aus eigener Motivation, auf eigene Kosten. Eine Freundin hatte sich damals "aus den Klauen der Zeugen Jehovas" befreit und ihm ihre Probleme anvertraut. Schlittenbauer, der zuvor nie selbst mit Sekten in Berührung gekommen war, gründete eine Selbsthilfe-Gruppe, wurde so zum Ansprechpartner von
Aussteigern auch aus dem "Stamm der Likatier". Vor kurzem vertraute sich ihm eine Frau an, die erklärte, ihre Töchter seien unter den Dächern Wankmillers missbraucht worden. Bereits vor vier Jahren war der Clan wegen angeblicher Sex-Orgien, wegen vermuteten Kindesmissbrauchs und Drogenkonsums in die Schlagzeilen geraten. Doch fand sich keiner, der die Gerüchte zweifelsfrei bestätigen konnte. Zudem gelang es zwei
Anwältinnen aus dem Kreis der Gruppe, eine Vorladung minderjähriger Zeugen des Stammes vor das Familiengericht zu verhindern. Da war auch das Jugendamt im Landratsamt Marktoberdorf und die Staatsanwaltschaft in Kempten machtlos. Nun findet am 22. Januar vor dem Schöffengericht in Kempten ein Prozess gegen ein Mitglied der Gruppe statt. Alfred L. soll sich in den Häusern der Likatier an einem sechs- und einem neunjährigen Mädchen der Frau vergangen haben, die sich Robert Michael Schlittenbauer
anvertraute. Nicht nur der Sektenexperte hofft, dass der Prozess weitere, den nachlässigen Umgang des Wankmiller-Clans mit seinen Kindern beweisende Fakten offenbart. Das Justizministerium hat den Münchner Generalstaatsanwalt aufgefordert, über den Fortgang der Sache Bericht zu erstatten.
Inkarnation von Jesus und Kini
Vor eineinhalb Jahren war die genannte Frau mit ihren fünf Kindern aus dem Ausland zurückgekehrt, nachdem ihre Ehe gescheitert war. Auf der Suche nach Arbeit stieß sie auf den Stamm, der sie als Kinderbetreuerin - ohne Bezahlung, aber mit freier Kost und Logie - aufnahm. "Hätte ich damals gewusst, dass ich in eine Sekte geraten war, deren Führer sich für eine Inkarnation von Jesus Christus, Albert Einstein und König Ludwig hält und das Begattungsverhalten seiner Leute regelt", sagt sie heute, "dann hätte ich mich nie dorthin begeben." Sie erzählt von Buben, die auf wehrlos am Boden liegende Mädchen eintreten. Sie sagt, dass ein 14-jähriges Mädchen sich innerhalb der Gemeinschaft damit brüstet, bereits mit mehreren Männern ins Bett gegangen zu sein, und sie berichtet von dem vorbestraften Päderasten Alfred L., der sich in den Häusern der Likatier ihren Töchtern näherte. "Am meisten entsetzte mich, dass die Leute um Wankmiller meinten, das sei doch alles gar nicht so schlimm. Sexualität gehöre ja zum Leben." Mit ihren Kindern verließ die Frau nach wenigen Monaten die Zwangs-Familie wieder. Alfred L. sitzt
seit August in Untersuchungshaft. Jetzt muss die Staatsanwaltschaft in Kempten entscheiden, ob sich die Ermittlungen wegen sexuellen Missbrauchs auch auf die Gruppe ausdehnen lassen. "Der Stamm wusste, dass L. wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern bereits vorbestraft war", sagt die Mutter. Die Mitglieder hätten ihn zu decken versucht, da nach ihrem Verständnis vom "Leben im Einklang mit der Natur" auch Sex
mit Minderjährigen nichts Verwerfliches ist.
Die Aussagen lassen sich durch interne Listen der Likatier belegen, die der SZ vorliegen. Auf ihnen ist der erste Samenerguss eines Jungen ebenso erwähnt, wie der Abtreibungstermin einer jungen Frau sowie zahlreiche weitere, in Geheimsprache verschlüsselte, sexuelle Details. Eine Frau, die innerhalb der Gruppe den Status der "Medusa" erreicht, müsse Wankmiller auch sexuell gehorchen, berichten Aussteiger. Der Guru, der Vater von mehr als einem Dutzend Stammeskindern sein soll, bestimme, wer mit wem Kontakt haben darf. Viele Likatier wohnen in einem ehemaligen Zollhaus, das der Stamm in Österreich gekauft hat. Eltern sollen teilweise von ihren Kinder getrennt worden sein, denn hier sollte der Nachwuchs ursprünglich vom deutschen Schulzwang fern gehalten werden. Doch der Antrag auf Privatunterricht, den die Sektenmitglieder
bei den österreichischen Behörden stellten, hatte keinen Erfolg. Nun müssen die Kinder auf österreichische Schulen gehen.
"Wenn die Likatier ein Haus kaufen wollen, dann bekommen sie es auch",
sagt Füssens Bürgermeister Paul Wengert. Zum einen sei genügend Geld vorhanden, zum anderen verfügen Wankmiller und Co. über hervorragende Kontakte zur Außenwelt: "Eine Stammesfrau arbeitet als Teilzeitmitarbeiterin in der Nachlassverwaltung des Amtsgerichts. Sie erfährt früh, wann es was zu erben gibt. Ich nehme an, dass die Gruppe
davon profitiert." Wengerts Appelle an die Geschäftsleute seiner Stadt, die Sekte nicht finanziell durch Anzeigen im Likatier-Monatsperiodikum Füssener Heimatzeitung zu unterstützen, fruchten nicht. Auf 32 Seiten Januar-Ausgabe finden sich 70 gewerbliche Anzeigen. Wengert berichtet von Sekten-Kindern, die abends in der Altstadt umherirrten und erzählten: "Wir können nicht nach Hause, heute ist Begattungsabend." Es sei an der Zeit, den Kampf aufzunehmen....<<
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