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Geheimdienste konstruieren Terrornetzwerk derTodesärzte
Acht auf einen Streich
Schlagkräftig und effizient, so stellt diebritische Presse die Fahndung nach den islamistischen Terroristen dar. Innerhalb wenigerTage konnte ein ganzes Netzwerk ausgehoben werden - die “Terroranschläge” vonGroßbritannien scheinen aufgeklärt und die internationale Öffentlichkeit zeigt sichbegeistert angesichts des Erfolges britischer Sicherheitskräfte. Acht Verhaftungen inweniger als vier Tagen!
Wie war das möglich? “Diese Kerle hinterließen eineGoldgrube an Beweisen”, erklärt ein Beamter. “Die mutmaßlichen Täter haben sich keineMühe gegeben, ihre Spuren zu verwischen”.
Die Goldgrube, auf die die britischenFahnder angeblich gestoßen sind, entpuppt sich als schlichte SIM-Karte. Mobiltelefone,die als Zünder der “Autobomben” dienen sollten, fand die Polizei in den MercedesLimousinen vor dem Londoner Nachtclub und am Hyde Park. Geheimdienste und Polizei machtenanscheinend nichts weiter, als den Eigentümer einer der Karten und die gespeichertenNummern festzustellen - und schon schnappte die Falle zu.
Die Al-QaidaTodesschwadron
Dr. Mohammed Haneef
Die Spur führte zu Dr. Mohammed Haneef,einem angesehenen jungen Arzt aus Indien. Am Flughafen von Brisbane, Hauptstadt desaustralischen Bundesstaates Queensland, wurde er am Montag früh australischer Zeitverhaftet, bevor er das Land fluchtartig verlassen wollte. So die offizielle Lesart. Ergilt als Schlüsselfigur der Terroranschläge.
Indizien, dass es sich um eine Fluchthandelt, lagen auf der Hand: Haneef nutze ein One-Way Ticket nach Bangalore in Südindien,in seiner australischen Wohnung fanden Beamte bei der Durchsuchung Wäsche auf der Leineund ungewaschenes Geschirr in der Spüle.
Tatsache ist, Mohammed Haneef war derBesitzer der Londoner SIM-Karte.
Eine typische Terroristen-Biographie? Nach demerfolgreichen Abschluss seines Studiums am Ambedkar Medical College in Bangalore gingHaneef schon bald nach Großbritannien und arbeitete dort an einer Liverpooler Klinik alsArzt. Im vergangenen Jahr bewarb er sich auf eine im British Medical Journalausgeschriebene Stelle in Queensland, Australien und bekam sie.
Das passte inseine Pläne, denn der 27 jährige Mediziner wollte eine Famlie gründen und mit ihr inQueensland leben. Bei seiner Abreise aus England überließ er einem Verwandten seineSIM-Karte, denn die konnte er in Australien nicht nutzen. Nur sein Mobiltelefon nahm ermit. Welche Wege die SIM-Karte während der letzten neun Monate genommen haben könnte,wurde von den britischen Sicherheitskräfte offenbar nicht untersucht.
Haneef undseine Frau Firdous haben eine 10 Tage alte Tochter. Firdous und das Kind leben beiHaneefs Schwiegereltern in Bangalore. Mohammed Haneef nahm sich ab Montag dieser WocheUrlaub in der Klinik, dem Gold Coast Hospital in Southport, um nach Indien zu fliegen,das neugeborene Kind und seine Frau zu sehen und dann mit beiden zurück nach Australienzu reisen.
Das Kind hätte er in Bangalore in seinen Pass eintragen lassenmüssen, die Rückflug-Tickets für die Familie könnte er also erst anschließend in Indienkaufen, erklärt sein Schwiegervater. Die Indizien für eine Flucht fallen wie einKartenhaus in sich zusammen. Ein junger, 27 jähriger berufstätiger Mann, der Wäsche aufder Leine und Geschirr in der Spüle zurücklässt - untypisch? Das sollen die Beweise fürein fluchtartiges Verlassen des Landes sein.
Mohammed Haneef wird von seinerFamilie und Freunden als ruhig, verantwortungsbewusst und liebevoll beschrieben. Er hatteauch während seiner Zeit im Ausland immer engen Kontakt zu seiner großen Familie inBangalore. Kollegen in der Klinik in Queensland beschreiben ihn als engagierten Medizinerund beliebten Kollegen.
Mohammed und Marwah Asha
Ein zweiter Arzt wurdezusammen mit seiner Frau in England verhaftet. Er gilt als Hauptverdächtiger und Chef desNetzwerkes: Mohammed Asha. Auch er wurde in Zusammenhang mit der SIM-Karte “enttarnt”,eine der gespeicherten Nummern verwies auf einen Kontakt zu ihm.
Ashaarbeitet als Neurologe an einer Klinik in Stoke-on-Trent, einer kleinen Stadt zwischenBirmingham und Liverpool. Zusammen mit seiner Frau Marwah und dem knapp zwei Jahre altenSohn wurde er am vergangenen Sonnabend bei einer Rasterfahndung durch die elektronischeErfassung des Autokennzeichens auf einer Autobahn nördlich von Stoke-on-Trent von einerAnti-Terror-Einheit gestoppt und verhaftet. Man brachte die Familie in ein “Verhörzentrumfür Terroristen” nach London. Die britischen Medien halten es im Zusammenhang mit demTerrorverdacht für erwähnenswert, dass Asha Bartträger ist und seine Frau traditionellemuslimische Kleidung trägt (s.o.).
Parallel zur Verhaftung wurde das Haus derAshas durchsucht. Beweise, die auf ein Terrornetzwerk und dessen “Kopf” hinweisen, habendie Ermittlungsbehörden bis heute nicht geliefert. Angeblich seien Telefongespräche aufdem Anrufbeantworter gefunden worden, die “die Polizei zu Asha geführt hätten”, schreibtdie englische Presse. Wie man allerdings erst im Haus eines mutmaßlich Verdächtigenaufgezeichnete Telefongespräche findet, um dann auf seine Spur zu gelangen, verschweigtdie Zeitung. Diese Fahndungstechniken unterliegen zweifelsohne der Geheimhaltungbritischer Sicherheitsbehörden.
Was man über Mohammed Asha weiß, isthingegen etwas anderes:
Mohammed Asha ist Palästinenser, seine Familie lebt inJordanien. Er ist in Amman aufgewachsen und gilt als hochbegabt. Bei der Aufnahme-prüfung zum Medizinstudium hatte er die drittbesten Ergebnisse abgelegt, auch seineStudienleistungen waren hervorragend. Er hat sich während seiner Studienzeit nie umPolitik gekümmert, sondern war ganz ins Lernen vertieft. Seit 2004 lebt Asha in England.Durch seine exzellenten Abschlüsse in Jordanien erhielt er ein Stipendium, um an derUniversität von Birmingham Neurologie zu studieren. Seine Leidenschaft ist die Medizin,seine Liebe gilt seiner Familie. Von Kollegen und Familienmitgliedern wird er alsbrillianter Arzt bezeichnet, der mit extremistischen Organisationen nichts zu tun hatte.Er ist ein gläubiger Muslim, nicht jedoch strengreligiös.
Am 12. Juli wollteMohammed Asha seine Familie in Jordanien besuchen und war zur Zeit damit beschäftigt,Geschenke einzukaufen. Erst kürzlich hatte er seine Eltern angerufen, um nach derKleidergröße seiner Geschwister zu fragen. Sechs Brüder und zwei Schwestern leben inAmman, einer ist Ingenieur, zwei andere sind ebenfalls Ärzte. Nach Mohammeds Einstellungzu islamischem Fundamentalismus befragt, antwortete sein älterer Bruder Ahmad, seinjüngerer Bruder habe nur ein einziges Problem - ein Genie zu sein. Er sei nie einExtremist gewesen.
Sein Vater Abdul Qader Asha hat sich an den jordanischen Königgewandt und um Hilfe gebeten. Von der Verhaftung hatte er durch die Medienerfahren.
Ashas Frau Marwah ist ebenfalls hochqualifiziert. Sie studierte an der“University of Science and Technology” in Irbid, Jordaniens zweitgrößter Stadt. Beidekennen sich bereits seit der gemeinsamen Schulzeit.
Ausschließlich medizinischesFachpersonal bildet auch den Rest der angeblichen “Terrortruppe”.
BilalAbdullah
Er ist Arzt und Diabetes-Spezialist am Royal Alexandra Krankenhaus in Paisleynahe Glasgow, 27 Jahre alt und Iraker. Seit 2006 lebt er in Großbritannien, nachdem ersein Medizinstudium erfolgreich in Bagdad abgeschlossen hatte.
Bilal AbdullahsVermieter, Daniel Gardiner, bezeichnet ihn als professionell wirkenden Mann. Man habeseinen Hintergrund sorgfältigst geprüft und nichts Auffälliges gefunden. Bilal Abdullahwar der Beifahrer in dem Fahrzeug, das am vergangenen Sonnabend brennend in den Eingangdes Glasgower Flughafens fuhr.
Dr. Khalid Ahmed
Auch er hat als Arzt am RoyalAlexandra Krankenhaus gearbeitet. Er war der Fahrer des brennenden Jeeps am Flughafen. Ersei aus dem Wagen ausgestiegen und habe sich selbst mit Benzin übergossen, heißt es. Erstdadurch kam es zu den schweren Verbrennungen, die er erlitt.
Er wird zur Zeit indem Krankenhaus, in dem er selbst zuvor als Mediziner tätig war, behandelt. BewaffnetePosten sollen seine Flucht verhindern. Die Brandverletzungen allerdings seien sehr schwerund seine Überlebenschancen werden als gering erachtet.