Der "Als-Kind-hab-ich-gedacht..." - Thread
06.11.2015 um 05:26
Als kleines Kind habe ich gedacht, dass die Menschen - die in Filmen sterben - Menschen sind, die bereits sehr alt oder sehr krank sind und daher den/die Tote(n) spielen durften; ich wusste nicht, dass man nur so tun kann.
Und ich dachte, das Schäferhunde reden können.
Mein Onkel hatte einen Schäferhund, der das konnte. Ich saß in der Küche, der Hund lag auf dem Küchenboden und schaute mir zu, wie ich mein Schinkenbrot aß; er schaute mich an und ich schaute ihn an, bis er plötzlich merkwürdige Laute von sich gab, welche sich als Worte herausstellten. (Mein Onkel stand anscheinend im Eingangsbereich, im Flur, und verstellte seine Stimme, so dass sie ganz merkwürdig rau und tief klang; so, wie ich sie zuvor noch nie wahrgenommen habe.
Ich erschrack, legte das Brot auf den Tisch und schaute den Hund an; er drehte daraufhin seinen seinen Kopf zur Seite, so als würde er mich ansehen und auf eine Antwort warten.
Ich wusste nicht, ob ich laut schreien oder antworten sollte. Ich nahm mein Schinkenbrot, stand auf und ging zur Spüle, da ich einen Schluck Wasser brauchte.
Kaum drehte ich mich um, fragte der Hund wieder, ob ich mit ihm spazieren gehen möchte, da ihm ja so langweilig sei. Ich bekam ein mulmiges Gefühl, allerdings antwortete ich dieses Mal - ich sagte: „Ja...."
Ich rief meinen Onkel, der seltsamerweise gerade in die Küche hereinkam, und fragte ihn, ob ich alleine mit dem Hund raus dürfe. (Ich war ca. 6)
Er stimmte zu, gab mir die Leine und schickte mich aufs Feld.
Am Feld angekommen, schaute ich ihn genauestens an und begann mit ihm zu reden. Ich sagte ihm, dass ich nicht wusste, dass er reden konnte und er mich bitte nicht verpetzen soll, da er dabei war, als ich die Pferde frei ließ. (Die Pferde waren den ganzen Tag lang auf einer Weide, welche an einen großen Wald angrenzte. Der Wald war schön und im Sommer vor allem kühl, so dass ich den Pferden, die angenehme Kühle nicht vorenthalten wollte. Ich öffnete das Tor und ließ sie frei.) Er schaute mich jedoch nur an und sagte nichts mehr; es war komisch. Ich hatte das Gefühl, dass er mich verpetzen würde, weil er nichts mehr dazu sagte.
Ich nahm ihn also mit in den Wald, band ihn an einen Baum fest und stellte ihn zur Rede. „Entweder du redest jetzt, oder du bleibst über Nacht im Wald!"
Er wusste nicht, wie ihm geschah, er schaute mich an, bellte ab und zu und legte sich schlussendlich auf den Boden und tat gar nichts. Ich bekam Panik, da ich wegen den Pferden sicherlich großen Ärger bekommen würde... Was sollte ich nun tun?
Die Wahrheit kam nicht in Frage...
Mein Onkel machte sich derweil auf die Suche nach uns, vermutlich um nach dem Rechten zu sehen. Ich bemerkte ihn nicht - er bemerkte jedoch, dass ich mit seinem Hund sprach und ihn wieder und wieder fragte, ob er mich verpetzen würde, jetzt, wo er ja reden könnte.
Der Hund wurde nervös, sprang auf und bellte mich an. Plötzlich berührte mich eine Hand auf meiner Schulter - mein Onkel stand plötzlich hinter mir.... ich erschrack und fiel zu Boden.
Er lachte und fragte mich, was der Hund denn nicht verpetzen dürfe?
Mir wurde mulmig, ich schaute abwechselnd den Hund und meinen Onkel an, bis ich mich entschloss, die Wahrheit zu sagen. (Die volle Wahrheit wars natürlich nicht.. :D ) Ich erzählte ihm "alles" und fügte am Ende hinzu, dass ich lieber ehrlich bin, als dass der Hund mich verrät. Mein Onkel verzeihte mir, fragte mich allerdings was der Hund damit zu tun hätte. Ich tat so, als wüsste ich ein riesen Geheimnis und berichtete ihm davon, dass ich den Hund reden gehört habe, er mit mir sprach, vorhin in der Küche!
Mein Onkel war ganz erstaunt und mir wurde daraufhin klar, dass ich etwas ganz Besonderes war, da er nur mit mir sprach und nicht etwa mit meinem Onkel oder anderen!
Es vergingen Jahre und ich bekam nie wieder ein einziges Wort von ihm - dem Hund - zu hören. Selbst als er starb, blieb er still. Es machte mich traurig, da ich jedes Mal mit ihm sprach, ihm viel erzählte - viele Geheimnisse - er aber nie antwortete.
Insgeheim wusste ich, dass er das nur macht, weil ich ihn damals im Wald angebunden hatte und ihn zurücklassen wollte.
Mein Onkel hat das Geheimnis nie gelüftet, bis er eines Tages meinem Vater davon erzählte und ich sie durch Zufall dabei belauschte. Ich war traurig und wütend zugleich, rannte daraufhin mit Tränen in den Augen zur Weide und ließ die Pferde frei...