Ich fang einfach mal mit dem Ort an in dem ich wohne :
Burg Lahneck, Lahnstein
Der nachfolgende tragische Vorfall wurde erstmals im Kreis- und Wochenblatt der Stadt Adenau vom 26. Oktober 1863 beschrieben. An der Stelle, wo die Lahn und der Rhein zusammentreffen, steht oben auf dem Felsen die Burg Lahneck. Zu dieser Zeit standen von der Burg fast nur noch die Grundmauern.
Der Bergfried jedoch, der hohe fünfeckige Turm, ragte wie seit vielen Jahrhunderten in den Himmel.
Zu dieser Zeit fuhr eine junge Dame aus England, Lady Idilia Dubb, mit ihrem Vater und ihrer Gouvernante nach Deutschland. Die Geschäfte des Vaters zogen sich hin. Die Damen hatten Köln und Düsseldorf wiederholt besichtigt und langweilten sich ein wenig. So schlug der Vater vor, die Damen sollten doch einen Ausflug Rheinaufwärts unternehmen und dann nach einer Woche zur gemeinsamen Heimreise nach England wieder in Köln sein. Am folgenden Tage jedoch hatte die Gouvernante schreckliche Kopfschmerzen, so dass sie Idilia nur zu gern erlaubte, allein einen kleinen Rheinausflug zu unternehmen.
Die junge Lady fuhr mit dem Dampfschiff Rheinaufwärts bis Kapellen. Dies ist das letzte, was durch Zeugenaussagen bewiesen ist. Auf das weitere Schicksal der jungen Frau kann nur durch das traurige Ende der Geschichte geschlossen werden. Von den Kapellen aus, lag die Ruine der Burg Lahneck genau auf der anderen Rheinseite. Die romantische Burgruine hat Idilia so entzückt. Sie stieg heimlich in einen am Ufer festgebundenen Nachen und ruderte hinüber zum anderen Ufer.
An der Burgruine angekommen, beschaute sie sich die halb zerstörten Mauern, kroch durch den schmalen Eingang des Bergfrieds und stellte fest, dass der Turm und die Turmtreppe wohl die Zeiten überdauert hatten. Mutig stieg sie die alten Stufen hinauf, die modrig und wacklig waren.
Kurz bevor sie die Turmplattform erreicht hatte, geschah das Unglück. Ein morscher Balken brach, riss im Fallen andere Balken mit sich und die alte, wurm zerfressene Treppe stürzte krachend in sich zusammen. Idilia konnte sich gerade noch an dem Rand festhalten und sich auf die Plattform retten.
Nun lag sie oben auf dem bemoosten flachen Turmdach. Ihr wurde bewusst, in welcher Gefahr sie geschwebt hatte und welches Glück sie hatte, nicht mit in die Tiefe gefallen zu sein. Jedoch wurde ihr auch klar, dass sie ohne fremde Hilfe nicht mehr nach unten kommen würde. Die Außenmauern des Bergfrieds waren glatt und boten keinerlei Halt. Sie begann zu rufen und zu winken. Aber niemand hörte sie. Sie sah auf der anderen Lahnseite die Häuser, auf dem Rhein sogar das Dampfschiff vorbeifahren.
Als die junge Frau nicht nach Koblenz zurückkehrte, benachrichtigte die Gouvernante sofort die Polizei, eine große Suchaktion begann, Zeugen wurden befragt.
Alle sagten, die junge, hübsche Frau, die den Betrachtern aufgefallen war, habe das Schiff in Kapellen verlassen. Daher konzentrierte man sich mit der Suche auf die linke Rheinseite, das falsche Rheinufer.
Zunächst befürchtete man, sie wäre einem Verbrechen zum Opfer gefallen, schließlich glaubte man,
sie wäre in den Rhein gefallen und ertrunken.
Auch wurde erzählt, die junge Frau hätte sich während der Schifffahrt mit einem jungen Mann lange unterhalten. Da heimliche Ehen und Entführungen aus Liebe zu der damaligen Zeit nicht ungewöhnlich waren, war der verzweifelte Vater, der weder den Gedanken an ein Verbrechen noch an einen Tod im Wasser ertragen konnte, geneigt, an diese heimliche Liebesgeschichte zu glauben.
Die junge Lady auf dem Turm sandte unterdessen immer dringlichere Lebenszeichen. Und sie wurde auch tatsächlich gesehen. Ein alter Mann hatte in der Nähe der Burg Lahneck Kräuter gesammelt und warnte am Abend im Wirtshaus alle Gäste vor dem bevorstehenden Hochwasser, er habe nämlich am Nachmittag den Geist des Ritterfräuleins gesehen.
Und obwohl man von der vermissten Frau auf der anderen Rheinseite gehört hatte, stellte wegen der Sage niemand eine Verbindung mit der Engländerin her.
Schließlich kehrte der Vater schweren Herzens nach England zurück.
Nach Jahrzehnten, die Eltern waren inzwischen beide tot, begann man die Burg Lahneck zu renovieren. Man räumte die Trümmer der Treppe beiseite und kletterte auf hohen Leitern zu der Turmplattform hinauf.
Da löste sich das Rätsel der verschwundenen Engländerin:
Man fand ihr Skelett!
Noch heute sieht man ab und zu das weiße Fräulein auf und um Burg Lahneck herumwandeln.
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