Warden schrieb:Wenn ich gerade an die Fälle denke von den Klischeehartzern (die ich auch zu genüge selbst erlebt habe), die es zwar irgendwie schaffen willentlich in der Arbeitslosigkeit zu verweilen aber im Leben total abkacken und gewissen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen, wenn sporadisch mal Polizei oder Inkassofirma klingelt, dann weißte, wie kacke oder restriktiv das Leben eigentlich sein kann, wenn man damit nicht halbwegs klarkommt oder immer in einem finanziell restriktiven Rahmen lebt. Oder man macht nebenher Schwarzarbeit und riskiert halt einiges
Beruflich habe ich viel mit diesen Menschen zu tun und ich muss da leider widersprechen. ALG2 Empfänger zahlen häufiger ihre Außenstände bzw bieten Zahlungsmöglichkeiten an als die, die einer geregelten Arbeit nachgehen. Da wird häufig der Euro 8 mal umgedreht und sich genau ausgerechnet wann die Schuld vollends beglichen ist. Diesen Menschen kommt man auch gern entgegen und lässt sich als Mitarbeiter Lösungen einfallen, damit es bald beendet ist.
Arbeitnehmer hingegen weigern sich oft von dem hart verdienten Geld etwas "abzugeben" für eine vom Händler erbrachte Leistung. Da werden Kredite genommen, Küchen auf Raten gekauft, Autos gekauft oder per Leasing finanziert und irgendwann sinkt die Zahlungsmoral und man beschwert sich das der Warengeber wirklich noch bezahlt werden will. Bei AlG2 Empfängern erkenne ich diese nicht vorhandene Zahlungsmoral eher selten (kommt dennoch mal vor) - weil die sich solch teures Zeug garnicht erst erwerben.
Warden schrieb:Ach, wenn ich so überlege: Wieso aufregen? Wer nicht (leider Gottes) gerade in prekären Beschäftigungsverhältnissen ist, dem bescheinige ich einfach mal dreist und mutmaßlich, in der Regel mehr rauszuhaben als bei H4
Da ich nun auch mit den Gehältern Deutschlands beruflich zu tun habe, bzw eine gute Übersicht über den Querschnitt derer habe, muss ich auch hier widersprechen.
Tatsächlicher Nettoerwerb reicht bei den meisten gerade mal zum Leben, während ALG2 so berechnet ist, dass es definitiv zum Leben reicht da Kosten wie Miete und auch soziale Unternehmungen mit übernommen werden. Ein AN muss dies vom Nettogehalt noch mittragen und hat als Alleinstehender in der Regel dann auch nicht mehr "freies" Geld zur Verfügung als ein ALG2 Bezieher.
Dennoch werden sich da aber gern teure Güter erworben die guten Verdienst suggerieren- mit einem regelmäßigen Einkommen ist man eben Kreditberechtigt und wenn die Bonität dann auch noch stimmt ist der gern schnell aufgenommen um sich schöne Dinge zu leisten.
Da unterscheidet sich Deutschland leider in keinster Weise zu der USA. Eine reine Blendergesellschaft. Nach außen ganz viel Anzug und Krawatte und unten drunter eine 4 Jahre alte Unterhose mit 35 Löchern im Schritt.
Und kaum einer derer mit denen ich gezwungenermaßen zu tun habe, ist bereit sich dahingehend zu ändern. Es ist wichtiger was der Nachbar denkt, er soll den Anzug sehen und nicht die Unterhose. Der Kreislauf ist furchtbar und es ist auch erschreckend wieviele als erstrebenswertes Ziel die Privatinsolvenz quasi hart erarbeiten. Hier in Deutschland gibts dafür auch keine furchtbaren Konsequenzen, bist verschuldet und verdienst zu wenig um das zu begleichen? Leb 7 Jahre wie eine Nonne und fertig ist der Lack. Arbeiten kannst du auch weiterhin gehen weil das Gehalt ja eh unter der Lohnpfändungsgrenze liegt und damit ist man safe.
Ich finde das bedenklich und es vernebelt auch den Blick auf sich selbst. Nehmen wir an du bist der Nachbar vom Anzugträger... da denkt man doch selbst "warum kann der sichn Anzug leisten und ich mir nichtmal n Adidasjogginganzug obwohl ich auch hart arbeiten gehe?"
Guter Verdienst hier in Deutschland ist eher selten geworden und ganz ehrlich, wenn ich manchmal von den Menschen höre mit denen ich arbeite, wie wenig Geld sie verdienen als Zahnarzthelfer, oder Maler... oder Lageristen.. oder Krankenschwestern... Pflegehelfern usw, dann betrübt mich der Gedanke wie sehr die Politik die berühmte "Mittelschicht" hochlobt und das die Mittelschicht immernoch ein fetter Speckgürtel wäre im Gegensatz zur Armutsgrenze. Dem ist schon lang nicht mehr...die einstige Mittelschicht ist die neue gefährdete Armutsschicht, nur will sich dazu keiner bekennen weil die Augen der Nachbarn auf einen gerichtet sind.