Geisterhaus" in Dortmund
Meuchelmord und ein kopfloser Reiter
Von Yvonne Dziabel am 30. Oktober 2009 18:54 Uhr
DORTMUND Ein Pfarrer meuchelte seine Familie, Nonnen huldigten dem Satan, ein kopfloser Reiter findet keine Ruhe und drei kleine Jungen starben qualvoll: Rätselhafte Legenden ranken sich um ein Haus im Dortmunder Stadtteil Syburg.
Spuk-Fan Sven Pötzl mit seinen Funden aus dem Geisterhaus in Dortmund-Syburg
Foto: Dziabel
Es sind Legenden, die das „Geisterhaus“ zu einem beliebten Treffpunkt für Fans des Übersinnlichen gemacht haben – und zu einem Dorn im Auge der Anwohner. Immer wieder verschafften sich Anhänger des Paranormalen, aber auch abenteuerlustige Jugendliche teilweise gewaltsam Zugang zu dem Haus. Feierten okkulte Messen, hielten spiritistische Sitzungen ab, oder betranken sich einfach.
An Halloween suchten Grusel-Freunde das Geisterhaus regelmäßig auf
Rund 300 Einsätze haben die nächtlichen Treffen der Polizei beschert, den Anwohnern manche schlaflose Nacht. Besonders an Halloween entwickelte die unheimliche Ruine eine enorme Anziehungskraft auf Grusel-Freunde.
Die Nachbarn glauben die Spukgeschichten nicht
Sehr zum Ärger der Nachbarn: Die glauben nämlich nicht an Geschichten wie die des Pfarrers, der dort seine Familie abgeschlachtet haben soll. Oder daran, dass um Mitternacht Blut von den Wänden laufen soll. Auch der kopflose Reiter, der auf dem Gelände sein Unwesen treiben soll, sei ein Hirngespinst.
Geisterhaus-Fan: Manche Dinge dort kann man nicht wissenschaftlich erklären
Fan solcher Geschichten ist hingegen Sven Pötzl, auch wenn er nicht an alle glaubt. Er beschäftigt sich seit einiger Zeit mit dem Paranormalen. Das Geisterhaus in Syburg fasziniert ihn. „Vieles hier kann man wissenschaftlich erklären, aber es gibt auch Dinge, die darüber hinaus gehen“, meint er. Regelmäßig zog es auch Pötzl zu dem „Geisterhaus“, auf der Suche nach Belegen für die Legenden. Er fand Knochen, ein altes Funkgerät, glaubt, dass das Haus der SS als Kommandozentrale diente. Noch eine Legende.
Haus gehörte früher einer Bauernfamilie
Fakt ist: Das Haus gehörte einst der Bauernfamilie Scholle. Die Frau starb an Altersschwäche. Ihr Mann wurde betrunken auf der Straße von einem Bus erfasst. Tragisch, aber nicht unerklärlich.
Zu einem echten „Geisterhaus“ wurde das Gebäude vor rund 30 Jahren. Seit damals stand es leer – den neuen Besitzern war das Grundstück zu groß, die Pflege zu aufwändig. Das Haus verfiel.
Hatte der neue Besitzer etwas zu verbergen?
Um es gegen Einbrecher zu schützen, verriegelte der Besitzer das Haus. Er mauerte Eingänge zu, brachte Gitter vor den Fenstern an – und heizte damit die Phantasie der Spuk-Gläubigen nur noch mehr an. In Internetforen kursieren noch heute Gerüchte, dass der Mann aus Hagen etwas zu verbergen hatte und deshalb alles abriegelte.
Spuk-Freunde wollten hinter das Geheimnis kommen
Angetrieben von diesen Spekulationen versuchten immer mehr Menschen, sich Zugang zum Haus zu verschaffen. Jeder wollte hinter das Geheimnis kommen. Je mehr Besucher das Gebäude hatte, desto mehr Geschichten kursierten. Einige erzählten, dass Kameras in der Nähe des Hauses nicht mehr funktionierten. Ein beißender Gestank soll aus Löchern im Boden gekommen sein.
"Betreten verboten": Jetzt wurde das Geisterhaus abgerissen
Geschichten, die mittlerweile nicht mehr überprüfbar sind: Das Geisterhaus ist am Montag auf Druck der Stadt abgerissen worden. Das morsche Gemäuer war einsturzgefährdet. Das Gelände ist nun mit hohen Bauzäunen versehen, das Eingangstor mit einer schweren Eisenkette verschlossen. Ein „Betreten verboten“-Schild prangt davor. Dahinter erinnert nur noch Bauschutt an das alte Gebäude. Gruselig wirkt das baumumstandene Grundstück nicht.
Sven Pötzl glaubt nicht, dass der Abriss etwas am Ruf des Ortes ändern wird. Er wird wiederkommen, das Grundstück untersuchen, den Legenden auf der Spur. Und wahrscheinlich werden auch noch andere kommen, angeregt von Halloween, dem Neumond – oder aufregenden Geistergeschichten aus dem Internet.
